Es passiert mir immer wieder. Dabei muss es kein negativer Stress, Distress, sein. Nein, ein gemütliches Beisammensein, sogar mit meinen Liebsten war es diesmal. Wir waren zu Gast in einem Jugoslawischen Restaurant, haben gemeinsam gegessen und uns fröhlich unterhalten. Danach unser Treffen noch woanders fortgesetzt. Gegessen und getrunken haben wir dort nichts. Und das Treffen haben wir auch bald abgeschlossen, weil unsere Kinder, Sohn, Schwiegertochter und Enkel bald Richtung Bayern zurückfahren mussten
Weil der Tag noch jung war, haben wir noch eine kleine Tour mit dem Fahrrad zu machen. Gesagt, getan. Wir fuhren an die Flensburger Förde, haben dort die Sonne und Aussicht genossen. Zurück sind wir durch den Wald, der sich von Glücksburg bis Flensburg hinzieht, vorbei am Roikier See, an dem haben wir auch noch eine Weile Rast gemacht. Die Ruhe tat uns gut.
Den Rest des Tages verbrachten wir ganz ruhig und entspannt. Aufregungen hatten wir keine.
Der nächste Morgen
In der Nacht hatte ich Albträume, aus denen ich erschrocken aufwachte. Ich wachte auf, und war alles andere als erfrischt und wach. Nein, mir war nur noch zum Heulen. Eigentlich wollte ich heute, am Sonntag, unseren Gottesdienst besuchen, der mir immer Freude und Kraft gibt. Aber heute konnte ich den Gedanken an viele Menschen um mich überhaupt nicht ertragen. Ich blieb zuhause und habe den Gottesdienst nur per Videokonferenz verfolgen können. Das war zwar schön, aber die persönliche Gemeinschaft mit lieben Menschen hat mir gefehlt.
Der übernächste Tag
Ja, auch heute scheine ich noch neben mir zu stehen. Um mich herum kommt mir alles unwirklich vor. Ich bin für komplexe Gedanken gar nicht aufnahmefähig. Ich lege mich am liebsten ins Bett …
Warum?
Was in aller Welt hat mich so fertig gemacht? War es die Radtour nach dem gemeinsamen Essen? Nein, kann ich mir nicht vorstellen. Ich hatte auch andere schöne und für mich sehr angenehme Ereignisse und Treffen, dir mir Freude gemacht haben. Danach war ich auch ein, zwei Tage fertig. Ich muss mich wohl damit anfreunden, oder besser gesagt, abfinden, dass mein Wunsch, mit lieben Freunden schöne Zeiten zu erleben, zu den Dingen gehören wird, die ich lieber meiden sollte. Zumindest darf ich mir für danach nichts wichtiges vornehmen. Schade!
Die Depression ist da. Ich kann mit ihr leben, aber ich werde sie nicht los. In der Schön-Klinik Bad Bramstedt hatte ich 2008 viel gelernt, auch wie ich Rückfälle vermeiden und ertragen kann, ohne sie zu katastrophisieren. Aber die Depression ist halt immer noch da. Sie wird mich wohl den Rest meines Lebens begleiten. Mit anderen Worten: Sie hat mich noch. Es ist, wie in Kari Bremnes‘ Lied „Dagen“, in dem sie diese Tage beschreibt, die vom Besuch der Dame in schwarz geprägt sind.
Ein Freund, der schon vor über dreißig Jahren an der Depression erkrankt ist, sagte mir immer wieder einen markanten Satz: „Das ist eben so!“