Fisch springt aus dem Glas

Komm raus aus deiner Komfortzone!

Komfortzone – heute ein oft gebrauchtes Wort. Sicherlich für Menschen, die gerne Verantwortung an andere abgeben, um sich in der eigenen Komfortzone bequem zu machen, eine Möglichkeit dauerhaft zu chillen.

Als Depressionist hasse ich dieses Wort. Ich höre darin die Unterstellung, mir etwas einzureden. Oder dass die Depression ein Vorwand sei, einfach keine Lust zu haben. Oh wie gerne würde z.B. ein Event besuchen, sei es ein Konzert, ein Kongress. Lust habe ich schon, sogar sehr große. Aber meine inneren Ängste bremsen mich vollständig aus. Ich muss dann leider absagen, auch wenn ich vorher zugesagt habe. Oft sitze ich dann zuhause und heule, dass ich wieder mal draußen vor bin.

In zahlreichen und langjährigen Therapien habe ich gelernt, mit meinen Depressionen zu leben. Wie? Indem ich meinen „Ball flach“ halte. Also zu vermeiden, dass Emotionen überschwappen, Aufregungen nicht zu nah an mich herankommen.

Das Leben spielt allerdings anders. Um den Arbeitsplatz wird es eng. Ich muss kämpfen, um ihn zu erhalten. Ein Elternteil wird pflegebedürftig, die Jungen, also deren Kinder (besser gesagt wir) müssen sich um einen Pflegeplatz – ambulant oder stationär – bemühen. Da kommt eine Menge Stress auf. Ball flach halten klingt da gut, ist aber schlichtweg nicht möglich. Schnell steckt man in einer neuen Depressionsschleife oder -Episode. Wohl dem, der gelernt hat, da schnell wieder rauszukommen.

Mir ging es so: Da für eine gemeinnützige Aufgabe um unsere Wohnung keine Bewerber zur Verfügung standen, habe ich notgedrungen zugestimmt, sie zu übernehmen. Schnell bekam ich Stress, und der Druck, mich möglichst schnell wieder davon zu trennen, wächst von Ereignis zu Ereignis. Ich dachte, komm mal raus aus deiner Komfortzone. Ergebnis: Ich kam raus – der Stress folgte schnell. Und heute bereue ich, diese Aufgabe im WEG-Verwaltungsbeirat überhaupt angenommen zu haben.

Wenn du das Gefühl hast, es dir in DEINER Komfortzone gemütlich machen zu müssen, frag dich: Mache ich das, um meine eigene Faulheit zu pflegen? Oder brauche ich so eine „Komfortzone“, um eine neue Episode der Depression zu vermeiden?

Ich habe nach meinem Zusammenbruch gelernt, NEIN zu sagen. Wenn ich meine „Komfortzone“ verlassen will, frage ich mich, ob ich das wirklich will, oder meine zu müssen. Bei mir war letzteres der Fall. Ich muss mich wohl wieder von dieser Aufgabe trennen. Manchmal muss die Komfortzone eben da sein.

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